
Freitag der 13, alte Muster und neue Erfahrungen

jetzt bin ich tatsächlich unterwegs, nachdem die letzten Tage mit Packen und Umpacken, Zähne kontrollieren und Abschiednehmen wie im Flug vergangen sind, war heute tatsächlich der erste Reisetag. ich bin stolz auf mich, weil ich das ganz gut hingekriegt habe. Normalerweise verzweifele ich am Kofferpacken. und nun, für 4 Monate, in einem Land, in dem ich über 20 Jahre nicht war, hab ich keine Ahnung, was ich vor Ort besorgen könnte und was ich unbedingt mitnehmen muss.
meine innere Frau Controllfreak dreht ganz schön am Rad.
Aber ich bin heute mit den erlaubten 23kg (ok, 300gramm zuviel…. aber der Gepäckabgabe-automat hat nicht gemeckert und die 2 kg zuviel im Handgepäck hat niemand kontrolliert) aufgebrochen. und habe vorher noch die Küche geordnet und umorganisiert für den Gatten, damit er nicht in meinem Chaos werkeln muss, wenn er seine Kochexperimente startet. das war sehr krass, wie ihn mein Abschied doch noch emotional erwischt hat, trotz allem es mir gönnen und aller Kommunikation darüber und allem wissen darum, dass es begrenzte Zeit ist, war es für Olli ganz schön schwierig heute. und ich hab gemerkt, wie ich mich in der Küche extra anstrenge, damit ich es ihm leichter mache… anstatt die Zeit mit ihm zu verbringen, war das auch irgendwie dämlich (aber er freut sich über die küche, wenigstens das) die alten Muster erwischen uns immer dann, wenn es irgendwie aus der gewohnten Routine geht. und im Dazwischen ist es gar nicht so leicht, gut für sich und für einander zu sorgen und da zu sein. ich bin froh, dass wir es besprechen können.
Die Katzen sind sehr seltsam herumgeschlichen, letzte Nacht war Horst meine Fellmütze, was er sonst nicht wirklich macht… Mupenzi hat an jedem Koffer gerochen und Bärbel ist nach dem Frühstück einfach abgehauen.
aufgebrochen sind wir natürlich deutlich später als geplant und jetzt sitze ich in Zürich, in einem Hotel in dem ich 2 Kubikmeter als Zimmer hab. also eine Capsule, eine Matratze in einem abschließbaren Raum. mit einem anderen Menschen über mir und je rechts und links. kurz war ich versucht, noch einen Ausflug nach Winterthur zu machen, um mein Patenkind, die großartige Judith Bach (www.judithbach.net) auf der Bühne bei der Premiere ihres neuen Projekts Dreierlei zu sehen. Aber dann fand ich es doch klüger, einfach den Tag Revue passieren zu lassen,
ich bin erstaunlich gut drauf. bei der Fahrt nach Frankfurt überkam mich ein kurzer emotionaler heulflash, alles im Overload und sehr berührend. aber die Freude ist auch da. ich hab Ideen für die nächsten Tage, habe Kontakt zu Vicky, die in Usa River das Gästehaus leitet. die mir sogar für Samstag Abend noch was zu essen organisiert… ich hab sozusagen ein paar Zukunftsleinen ausgeworfen, damit ich eine Vorstellung davon gewinne, was auf mich wartet. und selbst, wenn es ganz anders kommt, heute und hier hilft es mir, nicht in den luftleeren Raum aufzubrechen. Von dem deutschen Kollegen, der in Makumira als Dozent lebt und arbeitet kam die Idee, am Sonntag schonmal zum Gottesdienst auf den Campus zu kommen. In Rock oder Kleid, weil es auf dem Campus für Frauen Pflicht ist. Mon Dieu, wie patriarchal. Aber ich übe im Kopf schonmal eine passende Begrüßung für die Gemeinde auf ordentlichem Suaheli (wenn es ähnlich ist, wie im Kongo, werden die Gäste im Gottesdienst immer besonders angesprochen und von der ganzen Gemeinde begrüßt). und vielleicht bin ich von all dem auch so platt, dass ich erstmal ganz langsam mache und schaue, wie ich mich am Sonntag orientiere…. we will see…
Aberglaube und Vertrauen
Und all das an Freitag dem 13. Der Tag ist ja für viele Menschen irgendwie aufgeladen mit Aberglauben. ich merke gerade, dass ich mich auch mit eigenen Glaubenssätzen auflade und wappne für diese Zeit. Doch es ist für mich kein Aberglaube und auch keine Angst, sondern ein neugefundenes tiefes Vertrauen. In mich. in die Lebensliebende Gottesdkraft und ins Leben selbst. und darein, dass ich mit allem, was mir begegnet, irgendwie werde umgehen können. Bestimmt gibt es Scheißkacktage. und wunderbare momente auch. ich glaube, das gehört alles dazu. zu diesem Leben, in dem sich die Lebendigkeit auch mal im Schmerz realisiert. wenn es dann so ist, werde ich es total doof finden. Aber hoffentlich nicht aus dem Grundvertrauen fallen, dass dieser Freitag der 13. der Beginn einer wunderbaren Erfahrung wird. morgen früh geht es dann weiter aus den Alpen an den Kilimandjaro. Kwa Heri na Kila la Heri (auf wiedersehen und beste Wünsche)






Hallo Carmen, ich bewundere deinen Mut, dich auf so viel neues einzulassen und wünsche dir viele neue Erfahrungen.
Liebe Grüße Helga
Ich ziehe vor dir den Hut!
Fühl dich aus der kalten Heimat gedrückt.
LG
Pia
Liebe Carmen, danke für deinen Blog. das hilft mir sehr. Da ich am 1.11. auch auf große Reise gehe nach Madagaskar , und die Dinge doch mit sehr gemischten Gefühlen betrachte, kann ich durch deine Berichte eine andere Haltung Und Perspektive einnehmen. Die ist dann doch wesentlich -dem was mich da erwartet- zugewandter und Interessierter, als meine eher ablehnende und ängstliche Haltung.
Also danke dafür und weiterhin eine gute, gesegnete Zeit.
Ich freue mich auf weitere Berichte.
Herzliche Grüße, Ursula
liebe Ursula, ich wünsche Dir offene Augen und ein offenes Herz. Klar ist die Fremde immer verunsichernd. Und ich freue mich darüber, dass Du Dich immer wieder aus Deiner Komfortzone locken lässt von Deinem reisefreudigen Liebsten. Ich glaube (und erfahre das hier ständig), ganz viele Menschen sind wunderbar und freundlich und neugierig und freuen sich über jeden freundlichen Kontakt. Ich hoffe, du kannst Dir ein paar typische Begrüßungsfloskeln, Bitte und Danke auf Madegassisch merken, du wirst merken, wie allein die Tatsache, dass Du ein paar Brocken benutzt, um die Menschen in ihrer Welt zu treffen, für ganz viel Herzlichkeit sorgen wird. Klar ist man als Tourist auch der Projektionspunkt für ganz viele Wünsche und Begehrlichkeiten, Wir haben im Vergleich zu den meisten Menschen unglaublich viel Bildung, Geld, Möglichkeiten, und kein Wunder, dass sie hoffen, dass sie was abkriegen. Doch wenn man da freundlich bedauernd abwinkt, nehmen die meisten es sportlich. Ich veröffentliche dazu gleich noch was, wenn das Wifi reicht! Hab eine gute Reise, vertrau Deinem inneren Sicherheitsgefühl und ich wünsch Dir eine angstarme Erfahrung in diesem Teil Afrikas, der nach dem, was ich darüber gehört habe, bunt und schön und lecker und lebendig ist. Grüß mir die Lemuren!!! Carmen