
Kufanya miunganisho – Verbindungen knüpfen
da ich euch ja nicht mit Texten zuschmeißen will und am Anfang natürlich zugleich die Fremdheit am größten und das Staunen am leichtesten ist, kriegt ihr in den nächsten Tagen immer ein paar Eindrücke…
Heute (Mittwoch) hab ich den Antrittsbesuch beim Direktor des Zentrums hier gemacht. Dem Herrn Pfarrer Rev. Elisha Masangwa. Da er bisher hur über mich gehört hat und ich ihn in den letzten beiden Tagen nicht angetroffen haben, dachte ich, es ist gut auch mit der Hierarchie des Zentrums in Kontakt zu kommen und nicht nur mit Teilverantwortlichen, Zaubersauberfrauen und den Gärtnern. Mit seiner Sekretärin Mama Tumaini hab ich mich schon mehrfach nett unterhalten, das ist ja immer sehr wichtig, im Vorzimmer der Macht freundlich empfangen zu werden… ;.) Ich hab also eine Einladung ins Büro des Direktors bekommen, wo wir einander ein wenig „beschnuppert“ und ausgetauscht haben, Ich erzähle wer ich bin und was ich will und er checkt vorsichtig ab, was er von mir erwarten kann. Denn ich hab relativ offensiv angeboten, dass ich mich hier gern einbringen möchte. Da ich ja weiterhin nicht an die Verantwortungsträger der Uni rankomme (das Semester beginnt erst nächste Woche), kann ich noch nichts sagen über meine Möglichkeiten an der Uni. Doch ich hätte Lust, hier im Bereich Gästeempfang ein paar Rezepte auszuprobieren und vielleicht dabei zu helfen, die Speisekarte hier noch ein wenig zu erweitern, damit der Bereich noch attraktiver wird für die Europäer in der Region, Er fragt vorsichtig nach, ob ich denn für diese Arbeit bezahlt werden will und ich glaube, er ist erleichtert, als er versteht, dass ich diese Arbeit einfach so machen will, in einem Rahmen, den ich setzen kann, wenn ich weiß, wie und ob das klappt mit der Uni.

Das Café und die Gästezimmer sind im Gesamtprogramm hier ein wichtiger Baustein, denn damit generiert das Zentrum Einnahmen für die anderen Arbeitszweige. Und da gibt es jede Menge, die Ausbildung für Menschen mit Behinderung in verschiedenen handwerklichen Berufen, die Behandlung von vor allem kleinen Kindern mit Klumpfüßen, die inklusive Sekundarschule mit Internat… es gibt jede Menge, was hier sinnvolles getan wird und ich werde versuchen, in einem begrenzten Rahmen was sinnvolles beizutragen.

Das Café hat gutes WLAN und ist damit ein sehr beliebter Treffpunkt, ich hab schon Norwegisch, französisch, Deutsch und jede menge unterschiedlicher englischer akzente gehört, und auch jede Menge Suaheli, weil die Tansanier, die sich mit den Wazungu um verschiedenste Projekte kümmern, auch gern da sind. Es ist international und gleichzeitig überhaupt nicht touristisch, weil eher die ExPats, die Ausländer, die länger hier sind, hier abhängen. Es ist also ein ganz spannender Ort, wo sich Fremdes begegnet. Die gute Bäckerei ist ebenfalls ein Pluspunkt, wunderbares Laugengebäck, Baguette und sogar Körnerbrot kommen aus der Bäckerei des Zentrums, wo mit deutschem Backofen und europäischen Rezepten etwas anderes produziert wird, als das weiße Sandwichtoast, was man hier sonst so bekommt. . Aber zurück zum Antrittsbesuch.
Der Direktor ist übrigens der Pastor, der mich am Sonntag über seine lauten Geistaustreibungsgebete so beeindruckt hat. Und ich weiß nicht, ob es eine so gute Idee war, ihm direkt als erstes auf dem Flur vor seinem Büro schon zu sagen, dass sein lautes Gebet mich erschreckt hat, wenn auch mit einer Portion Humor verziert… wie war das, erstmal ein bißchen Pacing, bevor man was kritisches äußert…? Aber wir haben uns freundlich unterhalten und ich hab nachgefragt, weil mein Vorurteil bei den Lutheranern einen eher liturgisch formalen Gottesdienst erwartet hätte. Er hat mir dann erklärt, dass diese Form des Gottesdienstes nicht die lutherisch geprägte Regel, sondern eher die Ausnahme ist. Gerade die starke Geistaustreibung ist etwas, was ihm persönlich und für den letzten Sonntag mit dem Fokus auf die Jugendlichen wichtig war. iIch erkläre ihm, dass mich manches an die kongolesischen Gottesdienste erinnert und es eben so gar nicht das ist, was ich erwartet hätte. Zugleich kann ich ihm rückmelden und würdigen, wie gut es augenscheinlich für einige Jugendliche war, dass jemand so machtvoll für sie und ihr Leben gebetet hat. Wir sprechen auch über die Herausforderungen des modernen Lebens, was zwar über die Technik neue Möglichkeiten der Verkündigung bietet, aber zugleich z.B. auch Konkurrenz macht, wenn der Prediger auf youtube besser predigt als der Kollege in der Heimatgemeinde und gleichzeitig die Ortsgemeinden durch ihre Kollekten auch die Pfarrer und Gemeindeaktivitäten finanzieren. Da tut es weh, wenn die Leute beim Onlinegottesdienst bleiben. Wir verabschieden uns.
Wie kommt und bleibt man über Fremdheitserfahrungen hinweg in Kontakt und kommt in einen Austausch, bei dem beide Seiten etwas lernen können? Es braucht Ehrlichkeit und Respekt, Geduld und Humor. Der Herr Direktor wird sich mit seinen Leuten beraten und in ein paar Tagen wieder auf mich zukommen, damit wir miteinander absprechen, welche Beteiligung meinerseits gewünscht ist. Ich habe den Eindruck, dass ein erstes Anknüpfen mir gelungen ist, zugleich möchte ich wach bleiben, weil ich weiß, dass meine Vorstellung davon, dass ich vieles schon verstehe und einordnen kann, auch nur ein Konstrukt ist, das überhaupt nicht stimmen muss.

Liebe Carmikahino,
Danke für deine Spannenden Erzählungen und dass wir daran teilhaben dürfen! Ein wenig empfinde ich dies selbst wie eine Reise ins Unbekannte. Auch Lesen öffnet bereits Horizonte …
Vielleicht mich jemand kurz aufklären: Was – hab ich das richtig gelesen? – sind denn Geistaustreibungsgebete?
Wäsche dir Weiterhin Viel Freude am und im Unbekannten,
herzliche Grüße, Gabi S
ein Gebet, um Dämonen, böse Geister, schlechte Gedanken und ungesunde Einflüsse zu vertreiben. Das ist vielleicht ein sehr magisches Verständnis von der Welt, in der es Besessenheit gibt, aber psychologisch durchaus sinnvoll. ein machtvolles Gebet, dass den Kräften, denen ich mich ausgeliefert fühle, eine andere Macht entgegensetzt. ist vielleicht auch ein spannender Ansatz bei jeglicher empfundener Abhängigkeit oder Sucht. Wir sagen ja, das ist eine Krankheit. auch das ist ja nur eine Definition. Wenn der böse Geist (oder die Seite in mir, für die das eine Lösung ist) mich immer wieder zur Flasche greifen lässt, braucht es vielleicht einen anderen mächtigen (heiligen) Geist, um die Macht dieser schädlichen Seite zu brechen… dafür sind Geistaustreibungsgebete, ein lautes Gebet vor Zeugen, dass den Geist auffordert, die Person frei zu geben, vermutlich auch eine mächtige Intervention.